Stadtarchiv Warburg

Das Stadtarchiv hat die Aufgabe, das städtische Archivgut und die von den städtischen Dienststellen für ihre Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigten Unterlagen auf seine Archivwürdigkeit hin zu überprüfen und das archivwürdige Schriftgut dauerhaft zu verwahren, zu erhalten, zu erschließen und für die Nutzung bereitzustellen. 

In Ergänzung des amtlichen Schriftguts wird nichtamtliches Schriftgut zur Dokumentation des gesellschaftlichen Lebens in der Hansestadt Warburg wie beispielsweise Unterlagen von Vereinen oder lokalen Tageszeitungen aufbewahrt.

Eine Präsenzbibliothek mit knapp 1800 Publikationen zur Stadt-, Lokal- und Regionalgeschichte steht ebenfalls zur Verfügung.

Bestände

Die Bestände des Stadtarchivs Warburg umfassen amtliches und nichtamtliches Archivgut. Die Hauptüberlieferung betrifft die Stadt Warburg mit Alt- und Neustadt. Sie setzt im Mittelalter ein und reicht bis zur kommunalen Neuordnung von 1975. Die Überlieferung der übrigen Stadtteile und früher selbständigen Gemeinden ist lediglich für einzelne Orte und äußerst lückenhaft vorhanden.

Personenstandsregister für alle Stadtteile setzen ab 1874 ein und werden vom Standesamt Warburg nach Ablauf der Schutzfristen an das Stadtarchiv zur Aufbewahrung und Erschließung übergeben.

Unter dem nichtamtlichen Schriftgut ragt die lokale Zeitungsüberlieferung heraus, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreicht.

Nutzung

Anfragen können postalisch, per E-Mail oder telefonisch an das Stadtarchiv gerichtet werden. Die persönliche Einsichtnahme interessierender Archivalien aus den hiesigen Beständen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schutzfristen ist nach vorheriger Anmeldung möglich.

Gebühren

Die Benutzung durch persönliche Einsichtnahme ist gebührenfrei. Leistungen auf Antrag, die den Rahmen der Beratungen und allgemeinen Förderungen überschreiten, sind nach der Verwaltungsgebührensatzung der Stadt Warburg gebührenpflichtig.

Archivgeschichte

Die im Stadtarchiv Warburg aufbewahrte Überlieferung reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. In Altstadt und Neustadt etablierten sich im Mittelalter voll ausgeprägte Ratsverfassungen. Sie waren dafür verantwortlich, dass sich zumindest eine bescheidene städtische Schriftlichkeit entwickelte und heute auf uns gekommen ist. Beide Städte stellten Urkunden aus und legten Stadtbücher an, in die wichtige Rechtsgeschäfte aufgenommen wurden. Städtische Schreiber werden genannt, ohne dass über ihr Wirken bisher detaillierte Untersuchungen angestellt wurden. Sehr wahrscheinlich wurden die städtischen Unterlagen und wichtige Schriftstücke zunächst in den Rathäusern von Alt- und Neustadt aufbewahrt, die bei den Marktplätzen angesiedelt waren. Eine heute im Museum im „Stern“ ausgestellte Trese könnte Vorläufer gehabt haben, in denen die Urkunden lagerten. Im „Großen Brief“ von 1436 vereinigten sich beide Städte und wurden einrätig. Als deutlichstes Zeichen zeugt das 1568 erbaute Rathaus zwischen den Städten von dieser Vereinigung. Fortan diente es als Ort für die Ratssitzungen, als Stätte der Schriftgutproduktion und wohl als Verwahrort für die schriftlichen Unterlagen der Stadt.

Erste Ordnungsversuche im 17. Jahrhundert

Erste nachvollziehbare Ansätze, das über mittlerweile Jahrhunderte angewachsene Schriftgut der Stadt zu ordnen, um es besser nutzen und erhalten zu können, zeichneten sich Ende des 17. Jahrhunderts ab. Der Stadtsekretär Martin Hagemann vermerkte in den Kämmereiregistern von 1687: Alle in confuso und ohne Ordnung durcheinander bis dahin gelegene Stattbriefschaften, Urkunden und Documenta über die privilegia, renthen, schulden, recht und gerechtigkeit auseinander zu suchen, formblich zu registrieren und darüber einen Auszug zur Nachricht zu formiren sei notwendig. Er selbst war es, der diese Aufgabe übernahm. Ergebnis seiner Mühen sind ein 63 Blatt starkes Verzeichnis über „Urkunden, welche die Stadt Warburg vormals besessen und zum Teil noch besitzt“, ein 229 Blatt starkes „Renthe- und Schuldbuch“ sowie ein „Verzeichnis der Schriften, angefertigt von Secretarius Hagemann für die Jahre 1687 – 1699“. Die anschließenden Streitigkeiten zwischen Hagemann und der Stadt über seine Bezahlung bilden eine Episode für sich.

Das Kapitel Rosenmeyer

Weitere rund 40 Jahre später erhielt der Kommissionsrat Anton Joseph Rosenmeyer 1829 vom Magistrat der Stadt Warburg die Aufgabe, die Bestände des Archivs erneut zu ordnen und ein Repertorium anzulegen. Ihm zur Seite stand zeitweise der Gymnasiallehrer Manegold. Das Archiv musste sich in einem schlechten Zustand befunden haben. Es war größtenteils auf dem Dachboden des Rathauses untergebracht. Rosenmeyer teilte der Stadt 1833 mit, dass die Papiere zum großen Teil zerfressen waren und er zwischen Rattendreck arbeiten müsse. Es wurde ihm noch nicht einmal ein beheizter Arbeitsraum zur Verfügung gestellt und auch die Unterbringung der Akten ließ zu wünschen übrig. Die schlechten Bedingungen und sein hohes Alter veranlassten Rosenmeyer dazu, seine Aufgabe nicht zu Ende zu führen und 1837 um Entbindung von seiner Aufgabe zu bitten. Scheinbar bilden seine Schilderungen aber nur den Gipfel der unzureichenden Gesamtsituation. Die königliche Regierung in Minden hatte bereits 1829 den königlichen Archivkommissar Wigand zu Nachforschungen entsandt. Er ermittelte, dass Akten sowohl bei der Stadtverwaltung als auch in den ehemaligen Klöstern Warburg und in Wormeln aufbewahrt wurden. Sogar Privatpersonen (u.a. Manegold) waren in den Besitz von Archivgut gelangt. Die Stadt wurde verantwortlich gemacht, dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Akten wieder in ihre Hände gelangten, um sie schließlich gemäß einer königlichen Verfügung in einem Repertorium zu erfassen. Scheinbar verfasste Rosenmeyer ein Aktenverzeichnis, das allerdings verlorengegangen sein muss. Ebenso wurden die Akten durch ihn nicht vollständig an die Stadt zurückgegeben.

Bürgermeister Rinteln beauftragte den Progymnasiallehrer A. Happe die Verzeichnung des Archivs weiter vorzunehmen nachdem Anton Joseph Rosenmeyer seine Arbeit niedergelegt hatte. Von ihm stammt ein „Repertorium zum städtischen Archiv zu Warburg nebst der Chronik dieser Stadt bis 1622“, das auf uns gekommen ist. Darin hielt er die von ihm geordneten Akten chronologisch fest. Als er 1841 verstirbt, führt sein Bruder das Repertorium sowie die Chronik weiter fort, was im Nachgang zu Streitigkeiten zwischen ihm und der Stadtverordnetenversammlung führte. Grund und Auslöser war erneut das Honorar für die geleistete Arbeit. Die Stadtverordneten beharrten auf ihrem Standpunkt, dass Bürgermeister Rinteln eigenständig und damit widerrechtlich A. Happe mit den Arbeiten betraut hatte. Bürgermeister Fischer als Rintelns Nachfolger konnte in dieser Sache schließlich schlichten.

Bürgermeister und Stadtverordnetenversammlung konnten zu diesem Zeitpunkt ein viel größeres Unheil wohl noch gar nicht kommen sehen: Der größte der Teil der städtischen Überlieferung war nach den Verzeichnungsarbeiten von Anton Joseph Rosenmeyer in seinem und später im Besitz der Familie verblieben, die eng mit den Geschicken und der Geschichte der Stadt verbunden ist. Anton Josephs Vater, Balthasar Philipp Rosenmeyer, war Altstädter Bürgermeister. Anton Josephs Bruder, Ignatz Philipp Rosenmeyer, galt als Kenner der Westfälischen und Warburgischen Geschichte und verfasste mehr als 200 Schriften. Von seiner Hand stammt u.a. eine Chronik von Warburg für die Jahre 1507–1723, die er mit Hilfe und unter Nutzung der städtischen Register verfasste. Anton Josephs Sohn, Philipp Rosenmeyer, war es, der der Stadt ihre Archivalien 1898 zum Rückkauf anbot. Zuvor hatte er sie dem Staatsarchiv Münster für 2000 Taler offeriert. Darauf ging dessen Leiter Dr. Philippi jedoch nicht ein. Allerdings wollte Rosenmeyer nicht an die Stadt Warburg verkaufen, um sich nicht nachsagen lassen zu müssen, dass er sich bereichern wolle. Als Vermittler trat der Buchdrucker, Stadtverordnete und Stadtarchivar Fritz Quick auf, der Rosenmeyer die Archivalien für 500 Taler ab- und an die Stadt weiterverkaufte, mit der Zusage, dass die Stadt innerhalb eines Jahres von ihrem Kauf zurücktreten könne. Dies geschah zum Glück nicht, so dass der Hauptteil der städtischen Überlieferung wieder in den Bestand des Archivs gelangte.

Endlich Ordnung

Ende des 20. Jahrhunderts rückte das städtische Archiv wieder stärker in den Fokus der Stadtväter. Dem ehemaligen Bürgermeister Leopold Wiegand wurde vorgeworfen, dass er die Urkunden, die Happe geordnet hatte, wie Kraut und Rüben in dem großen städtischen Kasten durcheinandergeworfen habe. Aus diesem Grund wurde behufs Ordnung der Urkunden des Archivs mit dem Pastor Schrader in Natzungen in Verbindung getreten hieß es in dem Chronikeintrag von 1894. Als vier Jahre später der größte Teil der städtischen Überlieferung nach den beschriebenen Querelen und der am Ende dennoch gütlichen Einigung wieder in den Bestand des Archivs aufgenommen worden war, nahm Pastor Schrader die Urkunden in den neu zu bildenden Bestand „Urkunden“ auf. Zur Erschließung der übrigen Archivalien konnte der aus Volkmarsen stammende, am Marianum in Warburg zur Schule gegangene und damalige Universitätsprofessor Adolf Gottlob gewonnen werden. Nachdem die Urkunden aus dem von Rosenmeyer über Quick angekauften Material extrahiert worden waren, bildete Gottlob den Bestand „Collectio Rosenmeyer“. Da es keine eindeutige Ordnung des Bestandes gab, klassifizierte er die Archivalien neu. Gottlobs und Schraders Erschließungsarbeiten sorgten dafür, dass die Bestände des Stadtarchivs erstmals übersichtlich nutzbar waren. Sichtbare Ergebnisse ihrer Arbeit sind einerseits das Werk „Inventare der nichtstaatlichen Archive des Kreises Warburg“, das Gottlob 1929 herausgab. Auf der anderen Seite regte die gute Erschließungssituation Anfang des 20. Jahrhunderts insgesamt fünf Dissertationen über die gewerblichen Verbände (Mönks 1908), den 30jährigen Krieg (Sagel 1908), das Armenwesen (Heidenreich 1909), die Gerichtsverfassung (Heidtmann 1910) und das Schulwesen in Warburg an (Wiegard 1912). Nicht zu vergessen ist Gottlobs „Geschichte der Stadt Warburg“, die jedoch unvollendet bleiben musste, weil er 1930 verstarb.

Nach dem gleichen Ordnungsprinzip wie die „Collectio Rosenmeyer“ wurden die Ratsakten erschlossen. Unerschlossen blieben vorerst die Akten der „preußischen Zeit“ ab Anfang des 19. Jahrhunderts.

Nach langer Odyssee endlich eine feste Bleibe

Waren die Bestände Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals gut erschlossen, ließ Ihre Unterbringung in den nächsten Jahrzehnten wie schon zuvor zu wünschen übrig. Aus dem Rathaus zwischen den Städten gelangten Teile der Überlieferung bis Anfang des 19. Jahrhunderts in die Privatwohnungen der Bürgermeister, in die Hände weiterer Privatpersonen, in das Dominikanerkloster in Warburg und das Zisterzienserinnenkloster in Wormlen. Erst hundert Jahre später gelang es, das Archivgut wieder zu vereinen und auf dem Dachboden des aufgestockten Rathauses zwischen den Städten unterzubringen, nachdem Schrader und Gottlob die Erschließung übernommen hatten. Dass auch diese Unterbringung aus heutiger Sicht nicht optimal war, muss nicht weiter erörtert werden. Das Rathaus zwischen den Städten wurde Anfang des 20. Jahrhunderts um ein Stockwerk aufgestockt und modernisiert. In diesem Zuge wurden auf dem Dachboden zwei Räume für „Akten“ und somit für das Archiv eingerichtet. Aus der Registratur in den unteren Geschossen gelangten die nicht mehr für den täglichen Geschäftsbetrieb benötigte Akten in diese Räumlichkeiten. Später wurde noch der als „Boden“ bezeichnete Raum zur Lagerung weiterer Akten genutzt. Scheinbar um sie vor möglichen Beschädigungen oder dem Verlust zu bewahren, wurden die Archivbestände im Zweiten Weltkrieg in die südlichen Kellerräume des Mönchehofes ausgelagert. Als im Jahre 1942 „Maßnahmen zum Schutz von Archivgut gegen Luftangriffe“ durch den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen angeordnet wurden, meldete Dr. Marré, dass die Bestände des Stadtarchivs im Mönchehof ebenerdig und die wichtigsten Dokumente in einem Stahlschrank aufbewahrt wurden. Wann sie dorthin verbracht wurden, ließ sich bisher nicht nachvollziehen.

Nach Kriegsende nahm zunächst Robert Peters als erster Nachkriegsbürgermeister einen Teil der Bestände an sich. Der weitaus größere Restbestand wurde im Erdgeschoss des Mönchehofes zwischengelagert und von dort in das ehemalige Stadtgefängnis im Kellergeschoss des Rathauses zwischen den Städten verbracht. Nicht nur, dass die Lagerung dort unzureichend war, auch die Nutzung war durch die beengten Raumverhältnisse fast unmöglich geworden. Ein Lichtblick war schließlich 1958 der Neubau des Finanzamtes in Warburg. Dadurch wurden Räumlichkeiten im „Stern“ frei, die für das Stadtarchiv fortan zur Verfügung standen. Dr. Franz Mürmann gelang es, diese bessere Unterbringung zu erwirken und den Bestand D mit einer Laufzeit von ca. 1802 bis 1930 zu erschließen. Als 1988 das Museum im „Stern“ eingeweiht wurde, musste das Archiv ein letztes Mal innerhalb des Hauses umziehen, um seinen heutigen Standort in der ersten und zweiten Etage des „Sterns“ einzunehmen. Dort erfolgt die Verwahrung unter guten Bedingungen. Den Bestand E mit einer Hauptlaufzeit vom Ende der Weimarer Republik bis zur kommunalen Neugliederung 1975 erschloss Franz-Josef Dubbi und erstellte elektronische Findmittel für alle verzeichneten Bestände.

Derzeit erfolgt die Übertragung der Findmittel in eine Archivdatenbank.

Im Herbst 2022, Dr. Alexander Schwerdtfeger-Klaus

Stadtarchivare

Fritz Quick: 1894–1919
Dr. Wilhelm Marré: 1920–1950
Dr. Franz Mürmann: 1951 –1987
Prof. Dr. Norbert Börste: 1987–1992
Franz-Josef Dubbi: 1992–2021
Dr. Alexander Schwerdtfeger-Klaus: 2021 – heute